Schließung einer Krankenkasse – arbeitsrechtliche Folgen

BAG, Urteil vom 21. November 2013 – 2 AZR 474/12

Schließung einer Krankenkasse – arbeitsrechtliche Folgen

Eine Betriebskrankenkasse kann nach § 153 Sozialgesetzbuch V (SGB V) von der Aufsichtsbehörde geschlossen werden. In diesem Fall ist denjenigen Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann, beim Landesverband der Betriebskrankenkassen oder einer anderen Betriebskrankenkasse eine ihrer bisherigen Dienststellung vergleichbare, zumutbare Stellung anzubieten (§ 155 Abs. 4 Satz 9, § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V). Für Beschäftigte von Betriebskrankenkassen, deren Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann, gilt diese Regelung nicht. Nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V enden die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten, „die nicht nach Absatz 3 untergebracht werden“, mit dem Tag der Schließung der Kasse.

Nachdem die „City-BKK“ mit Sitz in Stuttgart und die „BKK-Heilberufe“ mit Sitz in Düsseldorf zum 30. Juni 2011 bzw. 31. Dezember 2011 vom Bundesversicherungsamt geschlossen worden waren, erhielten sämtliche 400 bzw. 270 Beschäftigten die Mitteilung, ihre Arbeitsverhältnisse endeten zum jeweiligen Schließungszeitpunkt. Vorsorglich sprachen die Arbeitgeberinnen außerordentliche Kündigungen mit Auslauffristen und – wo rechtlich möglich – ordentliche Kündigungen zum Schließungszeitpunkt, hilfsweise zum Ablauf der einschlägigen Kündigungsfristen aus. Hunderte von Beschäftigten haben gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses Klage erhoben.

In den ersten vier – von etwa 280 – Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht hat der Zweite Senat des Gerichts den Klagen – wie zuvor die Landesarbeitsgerichte – stattgegeben. Den beiden Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung nicht beendet werden konnte, war eine zumutbare Stellung beim Landesverband oder einer anderen Betriebskrankenkasse nicht angeboten worden. Ihre Arbeitsverhältnisse haben aus diesem Grunde am Tag der Schließung nicht geendet. § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V ist dahin zu verstehen, dass die gesetzliche Anordnung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Angebot einer zumutbaren Stellung im Sinne von § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V voraussetzt.

Auch die beiden Arbeitsverhältnisse, die durch ordentliche Kündigung beendet werden konnten, haben nicht mit dem Tag der Schließung geendet. Eine an Wortlaut, Entstehungsgeschichte und gesetzgeberischem Zweck orientierte Auslegung der einschlägigen Vorschriften ergibt, dass die gesetzliche Anordnung in § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V – da den betreffenden Arbeitnehmern eine zumutbare Stellung bei einer anderen Betriebskrankenkasse zuvor nicht angeboten worden sein muss – für solche Arbeitsverhältnisse nicht gilt. Sie unterliegen allein den Regelungen des Kündigungsschutzrechts.

Die vorsorglich erklärten (außer-)ordentlichen Kündigungen waren in allen vier Fällen rechtsunwirksam. Bei Ablauf der Kündigungsfristen lagen dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer entgegengestanden hätten, nicht vor.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 72/13 des BAG vom 21.11.2013

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